Liebe Leserinnen und Leser,
Kultusminister Piwarz gab an die Deutsche Presse-Agentur seine Bilanz zur Schule während der Pandemie. Er äußerte sich dahingehend, dass sich die Noten im Abitur verbessert hätten, das “Aufholprogramm” helfe Schülerinnen und Schülern, die während der Pandemie Probleme im Unterricht hatten, wieder Anschluss zu finden, außerdem habe die Digitalisierung neue Möglichkeiten geschaffen. Zudem meinte Piwarz, es sei nicht sinnig den Lehrplan inhaltlich abzubauen und formulierte die Aufgabe des individuellen Eingehen auf Schülerinnen und Schüler von Seiten des Lehrpersonals aus.
Als Schüler eines Bautzeners Gymnasiums möchte ich Bezug auf die von Piwarz gezogene Bilanz nehmen und insbesondere auf seine Aussage eingehen, dass eine Schulschließung den Kindern, den Eltern und dem Schulsystem wegen des Coronavirus’ schade. Wichtig ist mir zu sagen, dass ich beim Aufholprogramm, der vorangetriebenen Digitalisierung, dem Abitur und auch Eingehen des Lehrpersonals auf die prekäre Situation der Schülerinnen und Schüler zustimmen muss. Dennoch möchte ich Kritik zum Handeln des Kultusministeriums äußern.
Erstens: Schulbildung sollte die Aufgabe haben, jungen Menschen ausbildungs- und lebensrelevantes Wissen zu vermitteln. Doch im aktuellen Schulsystem verstehe ich es so, dass Bulimielernen gefördert wird. Das heißt, dass man nur für einen Test oder eine Klausur lernt und danach wieder jegliches Wissen vergisst, bis man wieder mit Lernen neu anfangen muss, wenn man dieses irgendwann mal braucht. Das ist nicht zielführend. Durch das Senken des quantitativen Anspruchs und das Erhöhen des qualitativen Anspruchs könnte so Veränderung geschaffen werden. Denn im Resultat hätte man mehr Zeit für weniger Themen, was so eine verbesserte Möglichkeit zum Eingehen des Lehrpersonals auf die Schülerinnen und Schüler bietet, sowie mehr Zeit zum Verinnerlichen des Themengebietes und den Lernerfolg nachhaltig erhöht.
Zweitens meinte Piwarz,erneute Schulschließungen zögen weiteren Schaden für die Schülerinnen und Schüler nach sich, dass es einen weiteren Schaden durch das Coronavirus gäbe, wenn Schulen wieder geschlossen werden würden. Dem möchte ich entschieden widersprechen. Was genau ist denn der beschriebene Schaden?
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass nach den Ferien, wenn man sich längere Zeit nicht mit Schule befasst hat, viel Wissen, dass man glaubt vor den Ferien noch gewusst zu haben, vergessen hat. Gleiches passierte auch während der Pandemie. Der Unterschied liegt darin, dass durch die Pandemie diese Problemlage in den Fokus geraten ist. Man könnte jetzt den richtigen Schluss ziehen, dass dieses Bulimielernen schlecht ist und verändert werden muss oder wie Piwarz das selbst mitverursachte Problem auf die Pandemie abwälzen und somit sagen, dass die Pandemie für das Versagen Schuld trägt, damit wichtige Veränderungen weiter gescheut werden können. Das Problem wurde nicht durch die Pandemie verursacht, sondern sichtbar.
Dann stellt sich aber die Frage, wenn das Coronavirus nicht der Verursacher ist, was dann?
Ein wichtiger Aspekt ist die Interesse am zum Lernenden. Das heißt, dass die Motivation aufrechterhalten bleiben muss. Das funktioniert nur durch eine Flexibilisierung des Unterrichts. Dafür braucht es die Auflösung der Unterrichtsfächer zu Themenbereichen, bei denen die Schülerinnen und Schüler selbständig auswählen sollen, in welchen Themenbereichen Interesse besteht. Wenn jemand für Humangenetik interessiert ist, muss sich diese Person dann wirklich mit Floristik befassen? Aber auch Inhalt, den jede Person, unabhängig vom Beruf braucht, muss gefördert werden. Beispielsweise Finanzunterricht, in dem man sich mit Fragen des Geldes auseinandersetzt, wie “Wie funktionieren Steuern?”, “Was ist ein Haushaltsbuch?” usw..
Des Weiteren wird die Schule oftmals in die Freizeit verschoben. Das heißt, dass Hausaufgaben erteilt werden, welche dann nach der Schule zu Hause erfüllt werden müssen. Das zehrt an den Kräften und ist ermüden und reduziert die zur Verfügung stehende Zeit zur individuellen Bildung. Das führt momentan zu einem Homogenisieren der Schüler und demotiviert jene, die aus verschiedenen Gründen weniger Freizeit zur Verfügung haben, was den Lernerfolg reduziert und die Motivation während der Schule senkt.
Vielen Dank fürs Lesen!
Tom Matzke,
SPD Bautzen