von Arno Schmidt in dem Essay über Leopold Schefer "Der Waldbrand oder vom Grinsen des Weisen"
A: Ich kann nichts dafür, dass “Lessing” im Slavischen einen “Heger”, einen “Förster” bedeutet; und “Kamenz” schon im Namen seinen steinigen Boden anzeigt. Natürlich war Lessing, der Sprache nach, rein deutsch – seine Ahnen allerdings werden wohl überwiegend Wendisch, Sorbisch gewesen sein.-Warum werden Sie unruhig?: War die Mischung so schlecht?
B. (verlegen): Das nicht. Aber...
C: Ich wollte damit auch nur auf ein Zweites zu sprechen kommen: auch in dieser Hinsicht nämlich waren die beiden Lausitzen ein Präzedenzfall, gerade heute wieder wichtig zu erwägen, dass dort, jahrhundertelang =friedlich, Slawen und Deutsch neben=, oder besser durch=einander gewohnt und geheiratet haben. Man kann kleine Häkeleien und Spottreden als Argument gegen mich ins Feld führen – wo im Grenzland könnte man das nicht? – aber die waren stets harmlos; nahezu nichts, verglichen mit dem, was sich Völker verschiedener Abstammung wohl sonst hundertfach antun. Neinnein: hier in den Lausitzen wurde echte große Toleranz vorgelebt, in jeder Beziehung. Hier fanden Ketzer ein freundliches Obdach; hier, als alle andern Orte verfänglich schienen,gründeten die Herrenhuter: denken Sie an Niesky und Schleiermacher. – Und ist es denn letztlich ein Grund zum Totschlag, ob der Wende “Pomogaj bog wam” grüßt, und der Deutsche ihm “Vergelts Gott” zurückgiebt? Oder der wendische Priester segnet: “To pomogaj si bog wosc, bog syn, a bog swety duch”- und der deutsche respondiert: “Im Namen des Vaters, des Sohnes, und des Heiligen Geistes”?
B. (mit gut gespieltem Mißtrauen): Nu sagen Se mal: nu hören Se mal: wieso können Sie denn das so gut!? Stammen Sie etwa auch aus jenem vorgeblichen Musterländchen?
A: (achselzuckend, gleichmütig): Ich kann nicht dafür, dass Vater und Mutter, Undsoweiterundsoweiter, mitten aus der Lausitz stammten...