Wir lesen am 14.04.2012 in der Süddeutschen Zeitung:
"Mit neuen Regeln für den Bundestag wollen Union, SPD und FDP das Rederecht der Parlamentarier einschränken. Informationen der "Süddeutschen Zeitung" zufolge sollen in Zukunft nur noch von der Fraktion aufgestellte Redner zu Wort kommen. Vertretern abweichender Meinungen wird die Wortmeldung damit erschwert - Kritiker bemängeln eine Aushöhlung der Glaubwürdigkeit."
hier der Artikel
Spontan haben wir reagiert.
Wir waren entsetzt, dass die SPD- Mitglieder des Ausschusses zusammen mit der Union und der FDP diese Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages mit erarbeitet hatten.
Die Fraktionen sollten sie nun beraten. Deshalb schrieb Roland Fleischer an Thomas Oppermann diesen Brief:
Sehr geehrter Genosse Oppermann,
lieber Thomas,
mein Name ist Roland Fleischer. Ich bin Ortsvereinsvorsitzender der SPD Bautzen, sitze in der Stadt im Stadtrat als Fraktionsvorsitzender und bin Mitglied des Kreistages des Landkreises Bautzen.
In den letzten Tagen werde ich immer mehr mit der Frage konfrontiert, warum gerade die SPD im Bundestag das Rederecht einschränken will.
Dies erregt nicht nur unter den Mitgliedern, nein auch bei vielen Wählern größten Unmut.
Mir geht es ebenso!
Es wird eine Debatte initiiert, mit deren Folgen ich mich auf der Straße, in den Gremien, mit der Presse und in Mitgliederversammlungen auf höchst unangenehme Art auseinandersetzen muss.
Ein wahrhaft glaubhafte Rechtfertigung für diese aus unserer Sicht
undemokratische Zielsetzung fällt mir schwer, konnte ich bislang nicht erkennen und glaube auch, dass es sie nicht gibt.
Es gibt die ersten Andeutungen einiger Genossen aus der SPD auszutreten, da ihr Demokratieverständnis ein anderes ist.
Macht uns an der Basis die Arbeit nicht so schwer! Ein bisschen nach unten zu horchen, hilft manchmal. Weitsicht sieht anders aus!
Sozialdemokratische Grüße aus Bautzen
Roland Fleischer
Und Thomas Oppermann antwortet prompt:
"Berlin, 16. April 2012
Rederecht im Bundestag
Lieber Roland,
diese Vorschläge zum Rederecht sind nicht ausgereift und werden so nicht kommen. Die Fraktionen hatten noch gar keine Gelegenheit die Empfehlungen des Geschäftsordnungsausschusses zu beraten. Reformen der Geschäftsordnung sollten ausführlich diskutiert und möglichst im Konsens mit allen Fraktionen verabschiedet werden. Beides ist nicht geschehen. Deswegen wird es auch in der nächsten Woche keine Abstimmung im Bundestag geben.
Die SPD wird sicherstellen, dass auch in Zukunft abweichende Meinungen im Bundestag zu Wort kommen können.
Darüber hinaus wird die SPD das erfreuliche Interesse an einer lebendigen Demokratie nutzen, um unsere Vorschläge für eine Reform der Debatten im Bundestag erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Wir brauchen weniger Rituale und mehr lebendige Diskussionen. Wir wollen mehr Leute für Demokratie interessieren. Das Parlament muss der zentrale sichtbare Ort der politischen Auseinandersetzung sein.
Dazu gehört auch, dass die Kanzlerin endlich bereit ist, nicht nur
Regierungserklärungen abzugeben, sondern in der Fragestunde des Parlamentes die Fragen der Abgeordneten direkt zu beantworten. Das ist in anderen Parlamenten üblich, wurde in Deutschland aber bisher von der Koalition blockiert. Vielleicht gelingt es jetzt, den Widerstand aus der Koalition zu überwinden. Es ist absurd, dass solche Debatten mit der Kanzlerin in inszenierten Bürgerforen stattfinden, im Bundestag aber nicht möglich sein sollen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Oppermann
Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion"
Wir sind froh, dass Kommunikation "zu denen da oben" so gut funktioniert und werden mit großem Interesse die Entwicklung der Dinge verfolgen.